Studienreisen

Palast der Winde (Hawa Mahal) Jaipur

Anfang der 90er-Jahre wurde ich Profi-Reiseleiter. Ich habe im Laufe meiner ‚Karriere‘ für alle großen deutschen Veranstalter gearbeitet. Der Begegnung mit den Kunden sah ich anfangs mit gemischten Gefühlen entgegen: Ich erwartete eine Truppe von Kulturziegen und Culture Vultures, die mich mit abwegigen Fragen nerven und Wissen abfragen würden. Und natürlich Lehrer und Rechtsanwälte, die alles besser wussten. Es waren auch ein paar von der Sorte dabei. Die meisten Kunden entpuppten sich jedoch als nette Leute, mit denen man sich ganz gut unterhalten konnte. Wirklich beeindruckend war zu sehen, wie sehr sich viele Kunden vor Beginn der Reise intensiv mit dem Land auseinandergesetzt hatten. Was man von den Travellern usw. nicht unbedingt sagen konnte. Die kannten zwar die Adressen aller Pieshops in Kathmandu und wussten genau, wo man in Benares die billigsten Tickets bekam. Oder dass man in Sri Lanka zu Spottpreisen Gewürznelken einkaufen und in Indien mit Superprofit weiter verkaufen konnte. Von der Kultur oder von der Religion indes hatten sie keinen Schimmer.

 

Studien-ReiseleitungenHatte ich als Hippie Pauschalreisende mitleidig belächelt, so änderte sich das schlagartig, als ich meine Reiseleiterkarriere begann. Ich fuhr mit der Touri-Truppe durch Rajasthan. Und muss gestehen, nie zuvor innerhalb so kurzer Zeit so viel gesehen zu haben. Überall stand der Bus bereit, ich wohnte in Top-Hotels und alles war super organisiert, sodass man sich dem eigentlichen Zweck einer Reise widmen konnte: Dem Schauen und Reisen! Und statt Dauerdünnschiss litt ich an Verstopfung!

Die lokalen Partner, die Busfahrer und Hotelangestellten, waren sehr nette Leute – ganz anders als jene Schlepper und Gauner, mit denen man als Traveller zu tun hatte: Die für mich so wichtigen vermeintlichen ‚Kontakte’ zu Einheimischen! Und sie konnten passabel Englisch, wussten über ihr Land Bescheid. Und plötzlich fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren: Ich war fast zwanzig Jahre lang einer Fata Morgana nachgerannt! Ich bin diesem Beruf treu geblieben, auch wenn es nicht immer einfach war …