In Berlin war ich ein echter Movie-Buff, ging regelmäßig ins Kino. Doch dass ich selbst mal mitten in der Glitzerwelt des Films leben würde, hätte ich nicht gedacht. Und das kam so: Meine langjährige Behausung, die Ladenwohnung in der Neuen Hochstraße, lag in einer trostlosen, deprimierenden Gegend, nicht weit von der Mauer. Überraschenderweise avancierte sie plötzlich zur angesagten Filmkulisse. So weit ich mich erinnere, begann es mit dem Fernsehfilm Tatort – Das Rattennest. Was für ein Titel, eine Schande für unseren Kiez! Eine Nachbarin in der Nr. 44 vermietete ihre Obdach für einen Monat ans Fernsehen und bekam jede Menge Kohle dafür. Während der Dreharbeiten lebte sie angeblich in einem Luxushotel. Einerseits bedauerten wir sie alle wegen ihrer Wohnung, die offenbar so schlimm wie ein Rattenloch aussah. Andererseits waren alle Nachbarn neidisch: Die Kohle hätten sie auch gut gebrauchen können! Da der Film in ‚meiner’ Straße spielte, guckte ich mir ausnahmsweise den Tatort an. Die Bude sah in der Tat schlimm aus. Am nachdrücklichsten blieb mir im Gedächtnis, dass der Hauptdarsteller Götz George sich vor Angst in die Hosen schiss, als er auf der Müllkippe im Närrischen Viertel Opfer einer Scheinhinrichtung wurde.