Schmuck & Druck
Danach ging es mit der Passage stetig bergab. Wir waren gezwungen, uns einen neuen Laden zu suchen. Ausgerechnet am Bahnhof Zoo, dem sozialen Brennpunkt Westberlins, wurden wir fündig. Wir mieteten ca. 25 qm Ladenfläche gleich neben dem Eingang des Kinos Zoopalast. Der kostete die unvorstellbare Summe von 4.500 DM monatlich. Irgendwie rechnete sich das aber. … Mit der Zeit änderte sich die Kundenstruktur grundlegend. Der Umsatzanteil von Schmuck und Postkartenwuchs wuchs stetig und Theaterfiguren sanken fast zur Bedeutungslosigkeit herab. Daher änderten wir bald nach dem Umzug den Namen des Geschäfts in Schmuck & Druck. Was bei unserer internationalen Kundschaft schnell zu Schmackendrack mutierte. Unser Geschäft am Zoo lief anfangs etwas schleppend.
Wir machten uns bereits Sorgen, ob unsere Entscheidung richtig gewesen war. Das änderte sich am 10. November 1989: Die Mauer ging auf! Und durch die Lücken strömten Millionen von Ossis in ‚stonewashed’ Jacken und Hosen nach Westberlin. Sie stürmten unseren Laden (und nicht nur den!) und kauften praktisch alles. Wir holten dies ältesten Ladenhüter (Bronzeschmuck mit Halbedelsteinen, ja sogar Titan-Ohrhänger und selbst gebastelte Paua-Schnecken-Ohrhänger) aus dem
Zentrallager in der Weddinger Plantagenstraße. Und die Ossis rissen sie uns aus den Händen. Zeitweilig war der Andrang so groß, dass wir den Laden zuschließen mussten. Es waren einfach zu viele Leute drin. Draußen bildete sich sofort nach Ossi-Art eine Warteschlange. Goldene Zeiten! Den absoluten Verkaufsrekord stellten wir allerdings am Deutschen Evangelischen Kirchentag auf: Wir verkauften an einem Tag dreitausend Postkarten!…