Bahnhof Zoo

Demonstration am Amerika Haus

Während der Teilung Berlins der ‚Hauptbahnhof‘ Westberlins. Hier treffen sich zwei stark frequentierte U-Bahn-Linien, -zig Buslinien, die Ost-West-Verbindung der S-Bahn und dort hielten die Fernzüge aus halb Europa. Der U-Bahnhof Zoo war auch der Arbeitsplatz jenes berühmten BVG-Zugabfertigers, der einen westdeutschen Touristen auf die Frage, wie er denn zum Zoo käme, mit der Antwort: „Als wat denn?“ mehr als verblüffte … Außerdem war er einer der sozialen Brennpunkte Westberlins! Beliebter Sammelplatz für Drogenabhängige, Strichmädchen und -jungen, berühmt durch das Buch und den Film Wir Kinder vom Bahnhof Zoo. Daneben alles mögliche Gesocks, das den Geschäftsleuten der Umgebung das Leben schwer machte. Aber es war halt auch die Gegend mit einem sehr hohen Aufkommen an Touristen und Laufkundschaft. Läden in der Nähe des Bahnhofs Zoo waren dementsprechend teuer! Wir zahlten für unsere 27 qm im Hause Zoopalast nicht weniger als 4.000 DM pro Monat!

Ganz in der Nähe lag das Amerika-Haus, das mangels einer US-Botschaft in Westberlin als das Zentrum US-amerikanischen Einflusses in der Halbstadt angesehen wurde. Und deswegen beliebtes Angriffsziel von Demonstranten gegen den US-Imperialismus war. Was nicht selten dazu führte, dass die Geschäfte der Umgebung ‚entglast‘ wurden, wie man es damals nannte. Am 5. April wurde ein Terroranschlag auf die unter anderem von Amisoldaten frequentierte Friedenauer Disco La Belle verübt. Zwei Amisoldaten

und eine Türkin wurden getötet, über zweihundert Besucher verletzt. Schnell wurde klar, dass die Täter vermutlich von Libyens Machthaber Gaddhafi geschickt worden waren. Neutronen-Ronny Reagan fackelte nicht lange und ordnete die Bombardierung von Zielen in Tripoli und Benghasi an. Der Wüstensohn entging um ein Haar dem Tod, während zahlreiche Leute umkamen. Am nächsten Tag bewegte sich ein gewaltiger Zug zum nahe gelegenen Amerikahaus. Darunter viele vermummte Chaoten. Sie wollten gegen diesen – wie es hieß – ‚feigen Angriff auf Unschuldige’ demonstrieren. Der Anschlag auf das La Belle galt dagegen vermutlich als Heldentat, denn mir ist nichts von einer Demo dagegen bekannt. Bald flogen die ersten Steine, aber es gelang den Bullen, die  Demonstranten  abzudrängen – in Richtung auf unseren Laden! Auch hier ließen die Pflastersteine (Unterm Pflaster liegt der Strand!) nicht lange auf sich warten. Und dann geschah das Unfassbare: Die Bullenschweine, unsere vermeintlichen Feinde, schützten den Laden (und nicht zuletzt die 3.500 Mark teure Schaufensterscheibe) mit ihren Schilden gegen die Steinwerfer. Und vertrieben sie schließlich. Seitdem habe ich nichts mehr gegen Bullen! Der Kontaktbereichsbeamte KOB Komm wurde sogar mein Freund! Denn seine Sorgenkinder waren auch die unseren: Dealer, Taschen- und Ladendiebe, Zigeuner, Kriminelle und was sich sonst noch dort herumtrieb … Aber auch Glamour gab es dort! Während der alljährlichen Berlinale avancierte der (in unserem Hause gelegene) Zoo-Palast zum Laufsteg der Reichen und Schönen.