Eggmen - Sammler im Rausch

           

   I am the eggman, they are the eggmen                 

I am the walrus, goo goo g’joob       

(I am the walrus, The Beatles) 

Die Flipside von Hello Goodbye machte diese Scheibe der Beatles halbwegs erträglich! Angeblich wurde Lennon dazu von Eric Burdon inspiriert, der in der Szene als Eggman bekannt war! Und warum? Er liebte es, beim Sex rohe Eier über nackten Frauen zu zerbrechen!

Durch meine Tätigkeit als Flohmarkt-Händler in Berlin, wo ich u. a. Marionetten aus Burma verkaufte, lernte ich viele interessante Menschen kennen. Darunter eine sehr nette und freundliche Dame. Auch später, als wir unseren Laden ‚Mandalay‘ eröffneten, hielt sie uns die Treue.  Es stellte sich heraus, dass sie eine große Sammlerin war. Eines Tages erzählte sie mir von ihrer Eiersammlung. Ja, Eiersammlung! Ich wurde neugierig und sie lud mich ein, sie daheim zu besuchen.

Da denkt man als Laie: ‚Na ja, was ist schon dran an einem Ei? Schmeckt gut zum Frühstück!. Eventuell noch Rührei! Damit hat es sich dann auch schon. Nichts könnte falscher sein! Das Ei ist so viel mehr! Es ist das Lebensprinzip! Die undifferenzierte Totalität! Keim der Schöpfung! Die Basis allen Werdens auf der Erde. Alles kommt aus dem Ei! Das Welt-Ei! Ostereier! Das Ei des Kolumbus! Am Anfang war das Ei! Oder die Henne? Wie auch immer. Die Dame besaß so viele Eier, dass sie zu Ostern ein komplettes Schaufenster im KaDeWe damit füllen konnte. Eier aus der ganzen Welt, vermutlich sogar von den Osterinseln  … Unfassbar! Wer nach Besichtigung des Schaufensters immer noch dachte, dass ein Ei ein Ei sei, dem war wirklich nicht mehr zu helfen! 

Eier waren noch lange nicht alles, was sie sammelte: Sie besaß – unter anderem – eine riesige Fächersammlung, deren Glanzstück ein Fächer von Eleonora Duse, der berühmten Sängerin, war! Allerdings stand sie wie viele Sammler vor dem Problem, dass sie nicht genug Platz für ihre Sammlungen hatte. Ich entsinne mich an einen Kunden, der bei uns ab und an Marionetten kaufte. Eines Tages lud er mich zu sich nach Hause in Charlottenburg ein. Ich traute meinen Augen nicht: Die ganze Dreizimmerwohnung war komplett vollgestellt mit Antiquitäten und ähnlichem Gedöns. Der ältere Herr konnte sich daheim nur sehr vorsichtig bewegen. Er musste sich praktisch um seine Sammlerstücke herumwinden, wenn er sich mal – in der ebenfalls vollgestellten Küche – einen Tee machen wollte. Oder gar auf die – kaum zugängliche – Toilette wollte. Immerhin schaffte er es noch, irgendwo ein Bett aufzustellen. Es war umgeben von japanischen Samurai-Rüstungen, tibetischen Thangkas und was der Antiquitätenhandel sonst noch so hergab. Ich stellte mir vor, was es für ein Gefühl sei, morgens aufzuwachen und auf einen Ritter zu schauen.

Auch meiner Kundin ging es nicht viel anders, obwohl sie ein ganzes Haus – wenn auch nicht sehr groß – zur Verfügung hatte. Später zog sie in ein größeres Haus: ‚Endlich habe ich Platz für meine Sammlungen!’ sagte sie mir bei einem Besuch. Vermutlich erwies sich das neue Haus innerhalb kürzester Zeit ebenfalls als ‚zu klein’. Akuter Fall von Horror vacui! Und das mir, der sich nur einen einzigen Luxus gönnt: Viel, viel Platz! Diese Kundin gab im Übrigen den Anstoß zu meiner intensiven Beschäftigung mit dem burmesischen Marionettentheater. Sie löcherte mich permanent mit Fragen zu den einzelnen Figuren. Bis ich nicht mehr umhinkam, darüber ein Buch zu schreiben. Es wurde die Grundlage für meine Dissertation. Danke, Frau Dr. Henschel!

Doch was waren diese Kunden verglichen mit Harry Rosenberg, dem Inhaber von Harrys Hamburger Hafenbasar in der Bernhard-Nocht-Straße in St. Pauli? Nachstehend seine Geschichte.

Katzenklo, Katzenklo – ja das macht die Katze froh, 

  Katzenklo, Katzenklo macht die Katze froh. 

Katzenklo, Katzenklo – ja das macht die Katze froh!  

                                       Katzenklo, Katzenklo macht die Katze froh.                                  

Katzeklo, Helge Schneider

Helge Schneider, ‚Die singende Herrentorte’, schaffte Ende der 80er Jahre den Durchbruch und verdiente sich fortan dumm und dämlich. Allerdings kann man seinen Liedern eine gewisse Originalität nicht absprechen, sodass der Erfolg des Multiinstrumentalisten ihm durchaus gebührte. Er wirkte auch in etlichen Filmen mit, darunter der skurrile Doc Snyder hält die Welt in Atem! Schneiders größter Hit war das o. g. Lied, das 1993 erschien!

 

Doch zurück zu Harry Rosenberg. Der skurrile ältere Herr betrieb einen riesigen Kramladen, den er für ein Museum hielt. Bei Kennern als ‚Harrys Katzenklo’ bekannt. Denn seine Lieblinge erleichterten sich gern in den unübersichtlichen Gewölben. Die erstreckten sich nach meiner Erinnerung über mehrere heruntergekommene alte Häuser. Insgesamt 26 muffige Räume sollen es zu Glanzzeiten gewesen sein. Einer vollgemüllter als der andere – da konnte man Platzangst bekommen. Die Geschäftsidee war gar nicht übel. Angeblich kaufte er Seeleuten, deren Schiffe in Hamburg vor Anker lagen, Mitbringsel aus ihrer Heimat ab. Die er in seinem (eintrittspflichtigen!) ‚Museum’ ausstellte und verkaufte. Harrys größter Hit waren Schrumpfköpfe (angeblich echt), die er leider nicht verkaufen wollte. Das Aufkommen der Container verringerte die Liegezeiten der Schiffe dramatisch. Kaum ein Seemann fand noch den Weg in den Laden. Für die Kenner der Branche war die Sache immer klar: Auch in den guten Zeiten kaufte er seine Waren bei anderen Händlern. Und gab sie als Erinnerungsstücke klammer Seeleute aus. Bei uns kaufte er etliche unserer schönen Marionetten. Sie mutierten bei ihm zu persönlichen Stücken burmesischer Seeleute, die Harry ihnen unter größten Mühen entsteißt hatte. Mit Tränen in den Augen gaben die ihre kleinen Lieblinge ab, um nicht hungers zu sterben! Mit den paar Pfennigen, die sie bekamen, konnten sie sich auf St. Pauli eine Schüssel Reis kaufen! Harry, der Lebensretter!

Innenaufnahme von Harrys Hamburger Hafen-Basar