Reisebuchautoren: Die Könner - von A.e. Johann bis Paul TherouX
Die ersten Reisebücher stöberte ich als Junge in der bescheidenen Büchersammlung meiner Eltern auf. … Schnell wurde ein gewisser A. E. Johann mein Held. Da, wo der gewesen war, wollte ich auch hin! In den Büchern Große Weltreise mit A. E. Johann, Wo ich die Welt am schönsten fand, Groß ist Afrika und hast du nicht gesehen entführte er mich in faszinierende Gefilde. Die Fotos habe ich z. T. noch heute im Kopf!
… Mein absoluter Indien-Lieblingsautor war jedoch nicht A. E. Johann, sondern Max Mohl! Der Kerl sah zwar aus wie ’ne offene Hose, aber er verstand mehr von Indien als alle alternativen Reiseführerautoren zusammen. 1966 erschien im Bertelsmann-Verlag (!) sein Buch Gandhis gefährliches Erbe, zwanzig Jahre später unter dem Titel Einmal Indien und zurück bitte noch einmal vom Autor selbst veröffentlicht. Er hatte im Gegensatz zu vielen anderen nicht diese übertriebene Ehrfurcht vor der indischen Kultur und den Religionen. Offenbar verfügt er über gute Kenntnisse (oder recherchierte gut), denn er flicht so manches Sanskrit-Zitat ein. Nicht selten würzt er mit Goethe nach … So scheut er auch nicht davor zurück, die Inder auf die Schippe zu nehmen; die Kapitel des Buches lauten z. B.: Eine Welt voll ranziger Riten; Wenn es Nacht wird in Calcutta; Rush hour, Räuberhöhlen und Ratten; Samenangst und Lendenschwäche; Wie die Jains die Moral jonglieren und so weiter.
Und der clevere Mohl lässt sich nie die Butter vom Brot nehmen: Er hat in der Umhängetasche eine Rasierklinge untergebracht! So mancher freche Taschendieb läuft heulend mit blutenden Fingern davon. Ja, so clever wie Mohl wollten wir alle gern sein.
Das Kapitel über Yoga (Die Faxen der Fakire) ist besonders lesenswert. Bei einem Besuch der Ghats in Benares … sehen sie einen Gläubigen in (lt. Mohl) ‚idiotischer Sitzhaltung’. Was seinen Begleiter zu einer fast schon lyrischen Bemerkung veranlasst: „A man all wrapped up in himself makes a mighty small package!“. Sie sehen Leute, die ihren Darm auswaschen, Leute, die fünf Meter lange Stoffbinden runter würgen: It’s all there in Benares! Diese Praktiken bergen nicht wenig Gefahren, wie es Mr. Chakla am eigenen Leib erfahren musste: „I was contemplating my navel, as happy as can be, till, suddenly, I saw my navel contemplating me!“. Da wird’s dann wirklich gefährlich… Doch Yoga hilft nicht immer, wie Mohl von seinem Freund Ben erfuhr, der in Indien eine Plantage betrieb. „Ich hatte mal einen Vorarbeiter, den habe ich vor die Wahl gestellt, das Trinken aufzugeben oder den Dienst zu quittieren. Der Mann gab sich redlich Mühe, aber immer wieder fiel er in das alte Laster zurück. Ich wollte ihm helfen:
„Versuch’s doch mal mit Yoga“ riet ich ihm, „Yoga stärkt den Willen und die Widerstandskraft“. Der Problemfall war begeistert, er übte und übte … “ -„Und? Hat er Erfolg gehabt?“ – „In einem gewissen Sinne ja: Er kann sich jetzt auch im Kopfstand betrinken!“. Unbedingt lesen!
Als mein Englisch später besser wurde, stellte ich fest, dass auch die Bewohner der großen Insel auf diesem literarischen Sektor Hervorragendes geleistet haben. Mein absoluter Lieblingsschriftsteller in dieser Hinsicht ist W. Somerset Maugham: The Gentleman in the Parlour beschreibt eine Reise durch meine Wahlheimat Südostasien von Rangoon nach Haiphong. Doch auch seine Erzählungen aus dem malaiischen Archipel und der Südsee sind mehr als lesenswert. Der so hochgelobte Joseph Conrad hingegen vermochte mich nicht so zu begeistern, wie andere – liegt vielleicht daran, dass ich Kurzgeschichten bevorzuge, oder daran, dass ich einem Polen dieses Seemannsgarn nicht abnehme … Dann lieber ein Ami: Paul Theroux beschreibt in The Great Railway Bazaar eine Eisenbahnreise über Land von London via Europa, Türkei, Iran, den indischen Subkontinent und Südostasien bis nach Japan und zurück mit der Transsib nach Moskau und weiter nach London.