Overland to India mit Led Zeppelin & Co.

‚… and it makes me wonder’ ist ein Refrain in Led Zeppelins Song Stairway to Heaven. Ebenso wie beim Essen war man auch in musikalischer Hinsicht in Travellerkreisen nicht geneigt, sich auf das fremdartige Umfeld näher als Norwegian Wood einzulassen, mit dem die Beatles die Sitar in die Popmusik einführten (oder war es Tomorrow never knows?). Ravi Shankar war auf die Dauer etwas eintönig, selbst wenn er damals in Woodstock mitspielen durfte. Dabei gibt es so schöne Musik wie Nusrat Ali Fateh Khans Must, Must, must, wobei mir selbst die Filmmusik am besten gefällt. Ihre Musik brachten die Traveller daher gleich selbst mit: Ob im Pudding Shop in Istanbul, im Amir Kabir oder im Arsh Tourist Home in Teheran, bei Siggi’s in Kabul, selbst im weltabgeschiedenen Marco Polo Tea House in Bamian, im Ringo Guesthouse in Delhi genauso wie bei Mrs. Kalako’s – überall dieselbe Mucke: Led Zeppelin, Neil Young (Old man), die Stones, CSNY (Marrakesh Express!), Procol Harum (Glimpses of Nirvana) mit dem berühmten Dialog zwischen dem Dalai Lama und Liza Minelli (s. u.). Und was sonst alles zu der Zeit noch populär war. Am liebsten hätten alle persönlich mit dem tibetischen Führer gesprochen. Aber der hatte auch viel zu tun und war beschäftigt.

So schafften es nur Prominente wie z. B. Richard Gere und Liza Minelli zu ihm. Letztere war nach einem Alkoholexzess wieder völlig ausgebrannt. Sie erhoffte sich, in der Meditation die Antwort auf ihre Fragen zu finden. Schließlich empfing sie der Meister; sie kauerte zu seinen Füßen und der hob sie auf: „Well, what do you

 want to know, my child?“ – Sie erwiderte: „I wish to know the meaning of life, father!“. Der Dalai Lama dachte lange nach und dann sagte er lächelnd: „Life is a cabaret, my friend!“ Und die Minelli trollte sich (In Wirklichkeit heiß es freilich: ‚Like a bean stalk’).

Und natürlich – nicht zu vergessen – Father and Son von Cat Stevens! Wer hatte nicht mit den Eltern oder sogar der Freundin endlose Diskussionen: „Wohin willst du? Nach Asien? Lern’ erst mal was Richtiges!“ oder halt: „Lass uns heiraten, Familie, das kleine Glück am Herd genießen!“. Doch wir wollten hinaus in die weite Welt, wie der Sohn: „I know, I’ve got to go away!“ – right on! Cat Stevens spielte ja später noch eine wichtige Rolle in Afghanistan. Nachdem Mick Jagger ihm Patty D’Arbanville (berühmt aus dem Softporno Bilitis, der im 21. Jhdt. wohl auf die schwarze Liste gesetzt worden wäre) ausgespannt hatte, wurde er depressiv und wandte sich von fernöstlicher Mystik (Buddha & the Chocolate Box) ab und dem Islam zu: ‚Ich war von Natur aus eigentlich schon immer ein Moslem!’ dämmerte ihm 1978. Leider etwas zu spät – sonst hätte er die D’Arbanville einfach steinigen lassen können. Nicht nur sang er unter dem Namen Yusuf Islam über die bevorstehende Befreiung Afghanistans vom sowjetischen Joch. Nein, er schloss sich gar der Fatwa des bekloppten Ayatollah Khomeini gegen Salman Rushdie an. Und forderte die Todesstrafe für den Ketzer!

Zu jener Zeit waren gerade die Kassettenrekorder auf den Markt gekommen. So konnte man das ganze Programm auch im VW-Bus dudeln. Oder im bei der Bundespost ausgemusterten Postauto mit Destination nepalesischer Markt. Ob im Yin & Yang in der Freak Street oder in Maruhity, der Pig Alley oder bei K.C. Kaputt in Thamel – immer die selben Songs! In Goa, am Tungabadhra River, sowie in Kovalam war es auch nicht anders und dasselbe traf für ganz Südostasien zu. Die Asiaten (ich meine: die ‚Progressiven’ unter ihnen) fanden die Musik auch geil, ebenso die Leute in Ko Samui, Bali und weiß der Himmel noch wo. Ich entsinne mich lebhaft an die Musikbox im Atlanta Hotel in Bangkok. Dort dudelte ich am liebsten Dust in the Wind von Kansas (waren wir das nicht alle ein bisschen?) und Imagine. ‚Image no possession’ – kein Problem, keiner von uns hatte einen Pfennig auf der Naht, sonst hätte er nicht dort gewohnt. Dazu Maggie May und was die Kiste sonst so hergab. Schöne Zeiten und ich kann mich nicht erinnern, dass die Box jemals neu bestückt wurde:

Was 1977, beim ersten Aufenthalt dort drin war, blieb drin! Und nicht nur im Atlanta trat man auf der Stelle: In den 90er Jahren war Led Zeppelin längst out, aber trotzdem allenthalben zu hören. Waren wir Overlander nicht alle auf dem Stairway to Heaven? And it makes me wonder … Aber wirklich! Was haben sich bloß Robert Plant und Jimmy Page dabei gedacht, als sie den Text verfassten? Die Antwort gaben sie Jahrzehnte später: ‚Als wir den Song schrieben, waren wir dermaßen stoned, dass wir ihn am nächsten Tag selbst nicht mehr verstanden!‘ Doch es war ihnen ein großer Wurf gelungen, daran besteht kein Zweifel.

Und waren wir ‚Overlanders‘ nicht alle dem ‚Piper‘ – wer auch immer das war – gefolgt? Oder auf der Suche nach ihm?

‚There’s a feeling I get when I look to the West and my spirit is crying for leaving …

And as we wind down the road our shadows taller than our soul … ‘

‚And it’s whispered that soon if we all call the tune, then the piper will lead us to reason!’