Ein Schuhdiebstahl in Yangon

… Zu meinem großen Befremden waren meine Schuhe nicht mehr da. Ich nahm an, dass jemand sie vorsorglich in den Laden hineingestellt hatte, aber dem war nicht so – sie waren weg!

Natürlich war ich verärgert und teilte dies dem Chef des Ladens mit, einem jungen Chinesen, der sich sehr betroffen zeigte. Aber meine Schuhe brachte mir das auch nicht wieder zurück. Es gelang mir nicht, ihn davon zu überzeugen, dass er einer gewissen Fürsorgepflicht für das Eigentum seiner Kunden unterliege. Schließlich hatte ich sie nicht zuletzt deshalb ausgezogen, um ihm meinen Respekt zu erweisen. Er bedaure unendlich, aber leider könne er nichts für mich tun. „Wie bitte?“ fragte ich. Diese Schuhe hätten hundert Dollar gekostet und ich sei nicht bereit, ihren Verlust einfach so hinzunehmen. Der Mann blieb höflich, aber hart in der Sache: Er sei nicht für meine Schuhe verantwortlich! Nun war guter Rat teuer. Da mich das offenbare Desinteresse des Mannes am Verschwinden meiner Schuhe verärgerte, überlegte ich mir, wie ich das ändern könne. Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Hier handelte es sich doch ganz klar um einen Diebstahl und für so etwas ist nun einmal die Polizei zuständig – auch in Myanmar. „Polizei?“ fragte der Ladeninhaber völlig konsterniert: Ich könne doch nicht einfach die Polizei rufen! „Wieso denn nicht? fragte ich. Es läge doch auf der Hand, dass hier ein kriminelles Delikt vorliege.

Willst du wissen, ob und wie ich meine Schuhe zurückbekam? HIER geht’s weiter!

Als ich noch ein Scheckbetrüger war

Am Morgen um sechs klopfte es heftig an der Tür: „Police! Open up!“. Hätte ich eine Hose angehabt, wäre mir sicher das Herz hineingerutscht! Ich warf mir eines der ausgelutschten Atlanta-Handtücher um die Hüften und öffnete die Tür. Vor mir standen zwei Bullen mit finsteren Gesichtern. Sie gingen zielstrebig zum Bett und ignorierten das Mädel, das ängstlich an die Rückwand des Bettes gelehnt saß, die Bettdecke bis zur Nase hochgezogen. Sie hoben die Matratze hoch, sahen die Schecks – und ließen das Teil wieder runter: Nur ‘ne Drogenrazzia – Schwein gehabt!

Bummelzug nach Maymyo

Burmesische Volksmedizin - hilft garantiert !

Es war – wenn ich mich recht erinnere – Ende der 70er-Jahre, als mich in Mandalay einmal die Langeweile überkam: Mandalay Hill zum x-ten Male bezwungen, Wasserbüffel und Pfahldorf am Irrawaddy – alles alte Hüte. Da kam mir die Idee, mit dem Zug nach Maymyo zu fahren. Ich hatte so viel gehört von der Zickzackfahrt hinauf in die Hill-Station, dass ich mich selbst von mehr als sechs Stunden Fahrzeit für die paar Kilometer nicht abschrecken ließ.

Also bestieg ich den ‚Local‘ nach Maymyo.  Es gibt ja in Myanmar viele heruntergekommene Eisenbahnwaggons (vor allem auf den Nebenstrecken, aber nicht nur dort …), aber dieser hier war schon speziell! Fußboden und Dach hatten riesige Löcher, durch die man wahlweise das Gleisbett oder den bewölkten Himmel betrachten konnte. Mit zweistündiger Verspätung verließ der Zug den Bahnhof von Mandalay und keuchte die Strecke hinauf. An Bord waren überwiegend Bäuerinnen, die offenbar ihre Waren auf dem Markt verkauft hatten und nun mit wohl gefüllten Geldbeuteln zurück nach Maymyo fuhren. Der Zug stoppte recht oft und an einer Station stiegen zwei Männer ein, die eine riesige, anscheinend sehr schwere Holzkiste in den Waggon wuchteten. Kaum hatten wir den Bahnhof verlassen, sprang einer der beiden auf die Kiste und pries mit lauter Stimme wild gestikulierend kleine braune Fläschchen an, auf deren Etikett eine Schlange abgebildet war und die vermutlich Volksmedizin enthielten. Welche vor allem die ‚Jungle Burmans‘, wie man die Dorfbewohner früher nannte, gern zu sich nehmen, bevor sie dann letztendlich doch zum Arzt gehen. Seien es in Alkohol konservierte Tausendfüßler und Skorpione oder Produkte, wie man sie auf dem Weg zum Goldenen Felsen kaufen kann: Hirschpenisse, Pangolinschuppen und weiß der Himmel, was noch.  

Zum Leidwesen des Mannes auf der Kiste hielt sich das Interesse in Grenzen: Die Leute waren müde, vermutlich waren sie seit den frühen Morgenstunden auf den Beinen. Der Mann steigerte seine Lautstärke und sein Sprechtempo, aber es änderte sich nichts: Keiner war an seinen Waren interessiert! Da gab er seinem Helfer ein Zeichen. Der öffnete eine mir bisher nicht aufgefallene Klappe an der Kiste, griff hinein – und zog eine gut drei Meter lange, dicke Pythonschlange heraus! Ich traute meinen Augen nicht! Er hielt sie grinsend hoch und dann legte er sie auf den löcherigen Boden und die Schlange kroch davon. Die Leute verfielen in Panik! 

Sie schrien, einige Frauen begannen zu weinen und viele sprangen auf die Sitzbänke oder versuchten, aus dem Waggon zu entkommen. So mancher dachte wohl, dass sein letztes Stündchen geschlagen hatte. Ich glaube, ich war der Einzige, der sitzen blieb, denn ich konnte mir nun wirklich nicht vorstellen, dass die Schlange mich angreifen würde. Missbilligend musterte ich den Mann, aber er kümmerte sich nicht die Bohne um den komischen Ausländer, der ihm sein Geschäft verderben wollte. Die Leute flehten ihn an, doch bitte, bitte die Schlange wieder in die Kiste zu legen! Mit einem Lächeln kam er dem Wunsch nach und dann lief der Verkauf wie geschmiert.

Ich erinnere mich bis heute an die quietschende Fahrt über die engen Kurven. Das Highlight waren die Spitzkehren: Der Zug kroch eine Strecke bergauf und blieb mit kreischenden Bremsen stehen. Viele Passagiere schlugen sich in die Büsche, um sich zu erleichtern. Derweil schlenderte ein Mann zur nächsten Weiche und legte den Hebel um. Der Zug ruckte an und fuhr in Gegenrichtung bergauf. Verfolgt von Passagieren in wehenden Longyis, die es nicht geschafft hatten, ihr Geschäft rechtzeitig zu beenden. Und tatsächlich, irgendwann hatten wir das Shan-Plateau erreicht. Der Zug rumpelte noch eine mir endlos lang erscheinende Zeit über die ausgeleierten Gleise, aber schließlich kamen wir in Maymyo an – mit drei Stunden Verspätung. Es war schon dunkel und bereits auf dem Bahnsteig trottete ein Inder auf mich zu. Er wackelte mit dem Kopf und fragte in ganz passablem Englisch, wo ich denn unterkommen würde. Ich antwortete: ‚Candacraig – what else?‘. Wir feilschten ein wenig um den Preis und dann verließen wir das Bahnhofsgebäude.

Auf dem Vorplatz erwartete mich eine Überraschung: Er führte mich zu einer Pferdekutsche, die offenbar ihren Weg aus Laramie hierher gefunden hatte. Ich staunte nicht schlecht. Aber es war nicht die Einzige! Eine ganze Reihe dieser altertümlichen Gefährte wartete dort auf Passagiere. Ich stieg ein und ab ging die Post durch spärlichst erleuchtete Straßen.

Pferdekutsche (Gharry) in Pyin Oo Lwin (Maymyo)
Das Thiri Myaing Hotel, früher Candacraig genannt

Die Kutsche war furchtbar unbequem. Jedes Mal, wenn wir durch ein Schlagloch fuhren, stieß ich mir den Kopf. Nach einer gefühlten Stunde erreichten wir unser Ziel: das Candacraig Hotel! Die Hotel-Legende von Burma! Die ehemalige Chummery der Bombay-Burmah-Trading  Company! Hier hatte bereits George Orwell gewohnt und wer weiß, wer noch alles. Und stand da nicht der legendäre Mr. Bernard, bekannt aus Paul Therouxs Buch The Great Railway Bazaar? Der Mann, der schon Field Marshal Slim, den Sieger der Schlacht um Burma, und seine Frau bewirtet hatte! Von anderen Exzellenzen ganz zu schweigen. Freundlicherweise sorgte er dafür, dass ich noch etwas Warmes zu essen bekam. Leider waren die normalen Zimmer belegt, sodass ich mit einem Verschlag vorlieb nehmen musste, der auf Galerie errichtet worden war. Nach dem Dinner saß ich noch mit ein paar Travellern zusammen, darunter eine hübsche Frau, die sich bei den männlichen Gästen großen Interesses erfreute. Nicht zuletzt bei mir. Leider zeigte sie sich allen Avancen gegenüber standhaft. So blieb mir nichts anderes übrig, als in meinen Verschlag zu gehen und mir vorzustellen, wie schön es hätte werden können …

  

Republikflucht

Fast alle Zonis, die ich kannte, wollten abhauen aus diesem Superstaat. Doch die Berliner Mauer war ein schier unüberwindliches Hindernis und die Grenze nach Westdeutschland nicht minder. Die Flucht konnte im wahrsten Sinne des Wortes Kopf und Kragen kosten! Doch es gab immer Wege: Einmal nahm ich Brücke, den Kumpel meines Schwippcousins Peter, mit zu einem Besuch in Ostberlin. Der verliebte sich unsterblich in Ramonas Freundin Pudding. Nun muss man wissen, dass er nicht nur scheiße aussah, sondern auch blöd (er zündete seine Zigaretten mit Ost-Zehnern an und die Ossis staunten!) und rechtsradikal war.

Overland nach Indien mit Led Zeppelin & Co.

‚… and it makes me wonder’ ist ein Refrain in Led Zeppelins Song Stairway to Heaven. Ebenso wie beim Essen (s. o.) war man auch in musikalischer Hinsicht in Travellerkreisen nicht geneigt, sich auf das fremdartige Umfeld näher als Norwegian Wood einzulassen, mit dem die Beatles die Sitar in die Popmusik einführten (oder war es Tomorrow never knows?) Ravi Shankar war auf die Dauer etwas eintönig, selbst wenn er damals in Woodstock mitspielen durfte.

Lal Babbu – der Pusher von Benares

Der Film Easy Rider, in dem neben Peter Fonda, Dennis Hopper und Jack Nicholson auch Phil Spector (siehe Foto), Erfinder des ‚Wall of Sound’ eine Cameo-Rolle (als Pusher!) spielte, war wirklich ein Kultfilm. Wenn es denn je einen gab. Er beginnt mit einem Rauschgiftdeal an einem obskuren Airport. Und führt dann die Protagonisten auf ihren Motorrädern auf eine Reise durch den Süden der USA. Von Kalifornien bis nach New Orleans. Nicht weit von dort fallen sie durchgeknallten Rednecks zum Opfer. Die Fransenjacke von Dennis Hopper, die Chopper, der Jargon – vieles in dem Film war trendbildend. Irgendwie zeigte er jedoch auch die Ausweglosigkeit von Flower Power. Die Leute in der Landkommune, die Nutten im Big Easy, die zusammen mit den Helden auf dem Friedhof einen Trip einwarfen – allesamt verlorene Seelen. Fand ich jedenfalls. Man kannte ja daheim auch den einen oder anderen Dealer, auch Leute, die Trips kochten. Doch um einen richtigen Pusher persönlich kennenzulernen, musste ich erst nach Indien fahren …

Lehrjahre sind keine Herrenjahre!

Tapken, M. F.: Bekannte W’havener Eisen- und Sanitärhandlung an der Peterstraße, meine allererste Lehrstelle. Nachdem die Bundeswehr mich wegen verworrener Vorstellungen abgelehnt hatte, mußte mein Vater seinem Filius auf die Schnelle eine Lehrstelle besorgen. Die Lehre dauerte nur 22 Stunden: Am ersten Tag durfte ich mir auf Firmenkosten bei Leffers einen schicken grauen Kittel kaufen und anschließend das gesamte Lagerhaus an der Peterstraße vom Boden bis zum Keller ausfegen (vier Etagen!)

John Lennon zum Achtzigsten

Morgen wäre John Lennon 80 Jahre alt geworden. Zu seinem Ehrentag ein paar Auszüge aus meinem Buch Ich, Hasi, Uschi Obermaier. Und damit das klar ist, sage ich es gleich vorab: Ich bin Stones-Fan!

John Lennon als Sannyasin

Die Beatles konnten es sich im Gegensatz zu den Stones nicht verkneifen, sich einen Guru zuzulegen: Maharishi Mahesh Yogi! Der versprach ihnen vermutlich, dass sie nach einem Kurs bei ihm fliegen könnten.

Cao Dai – Ein Besuch im Vatikan

Die in Vietnam beheimatete Cao-Dai-Sekte ist wohl eine der interessantesten religiösen Vereinigungen der Welt. Sie wurde in den wilden 20er Jahren des letzten Jahrhunderts von einem offenbar sehr belesenen hohen einheimischen Verwaltungsbeamten der französischen Kolonialmacht begründet. In mehreren Séancen schuf der Mann das Grundgerüst des zeitweise sehr populären neuen Glaubens, den man getrost synkretistisch nennen darf. Eine groteske Mischung aus Mahayana-Buddhismus, chinesischer Philosophie, Christentum und Atheismus. Die Sekte verehrt zahlreiche Medien, darunter Jeanne d’Arc, Rene Descartes, Lenin (!) und Victor Hugo.