Fast jeder Mensch setzt sich Ziele im Leben, aber nicht alle erreichen sie. Was für mich nicht zutrifft. In der Regel schaffe ich das, was ich mir vorgenommen habe. Studium, Promotion, soundso viele Sprachen lernen, Bücher schreiben, eine bestimmte Anzahl Bettgefährtinnen, Nachwuchs in die Welt setzen – alles erledigt.
Reisen ist seit 50 Jahren meine Leidenschaft. Und auch hier habe ich mir Ziele gesetzt: Ich möchte gern hundert Länder bereist haben, bevor ich den Löffel abgebe! Oder – wie die Amerikaner sagen – kick the bucket. Was bedeutet das? Nun, wenn jemand Selbstmord begehen will (was mir fernliegt!), legt er sich einen Strick um den Hals, den er an einem Haken an der Decke oder sonstwo befestigt. Dann steigt er auf einen Eimer (besagter bucket) und wenn er bereit ist, tritt er den weg und – voilà!
Ich hatte es bis zu meinem 75. Geburtstag auf ebenso viele Länder gebracht (reiner Zufall). Darunter so illustre Destinationen wie Afghanistan (davon schwärme ich heute noch), Bhutan (unbedingt sehenswert) oder Bangladesh (weniger sehenswert). Und es soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass der Zerfall der Sowjetunion und Jugoslawiens mir in dieser Hnsicht sehr entgegenkamen. Doch der Tod schlägt mittlerweile heftige Breschen in meinen Freundes- und Bekanntenkreis und daher sagte ich mir, dass ich jetzt langsam Ernst machen müsse, da ich sonst mglw. mein Ziel verfehle. Und so wandelte ich auf den Spuren Jesu Christi und Stalins durch Osteuropa.
Also ging ich im April d. J. auf die Reise. Natürlich macht man sich vorher so seine Gedanken. Ich bin ja keine 30 mehr. Habe ich noch den ‚Biss‘, bin ich noch ’street smart‘ genug? Ich flog von Bangkok nach Istanbul und von dort weiter in die türkische Republik Nordzypern. Dann in den griechischen Süden (EU-Mitglied!) und anschließend nach Jerusalem inkl. ein Abstecher in die West Bank. Weiter ging es nach Armenien und Georgien, dann zurück nach Istanbul. Dort bestieg ich den Zug nach Sofia (Bulgarien) und dann weiter per Bahn nach Bukarest (Rumänien).
Es folgte der eisenbahnmäßige Höhepunkt der Reise, die Fahrt mit dem legendären „Freundschaftsexpress‘ nach Chisinau (Moldawien). Der Hammer! Dann machte ich rüber nach Transnistrien, einer abtrünnigen aber faktisch unabhängigen Provinz von Moldawien. Ein echtes Highlight! Weiter ging es nach Odessa (Ukraine). Dann zurück nach Chisinau und von dort Flug nach Berlin.
Damit kam ich dann schon auf 86 Länder! Und die Frage nach dem ‚Biss‘ war beantwortet: Ich habe ihn noch! Glücklicherweise!
Und wie geht’s weiter? Nächstes Jahr plane ich eine Reise in die Karibik und nach Mittelamerika. Jede Menge kleiner Länder, die nahe beieinander liegen. Ideal für mich! Den Rest erledige ich dann in Europa, wo immer noch ein paar Kleinstaaten meines Besuches harren. Und natürlich Australien, wo ich noch nie war. Die Antarktis zählt übrigens nicht zu meinen Zielen. Zum einen zählt die nicht als Land, und zum anderen stelle ich mir das vor, wie die Hölle, zumindest in dem von Pinguinen besiedelten Teil: Es ist saukalt, und ein eisiger Wind pfeift vom Südpol. Man steht in seiner eigenen Scheiße und es herrscht ein unsäglicher Lärm durch das Gequake all dieser Vögel. Ohne mich! Es sei denn, jemand lädt mich ein …
Bisher ist nur die erste Hälfte meiner Reise dokumentiert, Weiteres folgt …
