Ostfriesland - Die ganze Wahrheit (Teil 2)

Tibor - der Held des Dschungels

Überhaupt: Die Namen dieser Ostfriesen – manche schienen geradewegs aus Tibors Dschungel in die Norddeutsche Tiefebene verpflanzt worden zu sein: Das WHL führt (unter anderem) Aggo, Dedde, Feke, Ento und Ewe sowie Ibo und Jabbe auf! Kann es Zufall sein, dass es in Afrika Völker mit Namen gibt, die genau den (ost)friesischen entsprechen? Die (christlichen!) Ibos z. B. gewannen im Biafrakrieg alle Herzen, aber verloren den Krieg. Daraus ergibt sich die Frage: Sind sie möglicherweise die Nachkommen eines seefahrenden Friesen gleichen Namens? Dafür spräche unter anderem, dass sie als überdurchschnittlich intelligent und begabt gelten …

Und warum studierte der W’havener Rex-Como-Fahrer Max Mahlich ausgerechnet die Sprache des westafrikanischen Volkes der Ewe? Und noch ein Denkanstoß: Warum benennt sich ein Stromkonzern (EWE) in Nordwestdeutschland nach einem afrikanischen Volk? Ein ergiebiges Feld für die Forschung, und ich gebe im Folgenden gern ein paar Denkanstöße. Da haben wir z. B. den Abbe: Ist er vielleicht nicht nur Namensgeber der Ortschaft Abbehausen (Wesermarsch), sondern handelt es sich bei ihm möglicherweise um den Begründer des Abbasiden-Geschlechts, dessen glanzvolle Herrschaft in Bagdad noch heute in Legenden und Märchen (Ali Baba,

Sindbad) weiterlebt? Offenbar hat Arabien besondere Anziehungskraft auf die Friesen ausgeübt: Der Emmentaler Käse ist in der ganzen Welt berühmt – wer weiß schon, dass der erste seiner Art von einem Friesen namens Emme angerührt wurde? Brachte er möglicherweise das Geheimnis der Käseherstellung in dieses abgelegene Gebiet? Falls ja, stellt sich die Frage: Wie kam der Emme dorthin? Die Antwort fand ich in der WZ-Beilage Heimat am Meer. Ihr zufolge soll es in der Schweiz diverse Täler geben, in der friesische Namen dominieren! Wahrscheinlich sind unsere Landsleute auf dem Rückweg von einem Kreuzzug dort hängen geblieben.

 
 

Offenbar haben es nicht alle Friesen bis in die Schweiz geschafft: Mitten in der Sahara zwischen der lebensfeindlichen Murzuq-Wüste und dem nicht weniger ungemütlichen Tibesti-Gebirge liegt der Ort Tummo – wem da nicht die Ohren aufgehen, dem ist wirklich nicht mehr zu helfen. Das an der Grenze zwischen Libyen und Niger gelegene Kaff hat in letzter Zeit ‚Karriere‘ gemacht: Als Durchgangsort auf der Schmuggelroute für afrikanische Flüchtlinge zum Mittelmeer. Wenn das der Tummo wüsste … Als weiteres Beispiel friesischer Vornamen im arabischen Raum diene hier ‚Umme‘: Kann es ein Zufall sein, dass der arabische Begriff ‚umm‘ das ganze Volk, die Gemeinschaft, bezeichnet? Ist die ‚Arabische Nachtigall‘, Frau Umm Kalthoum, möglicherweise die Nachfahrin eines friesischen Seefahrers? Wenn wir den Faden weiterspinnen, stellt sich die Frage: Stammen die Araber womöglich von den Friesen ab oder verdanken sie ihnen zumindest wichtige Bestandteile ihrer Kultur? Wenn das auch angesichts ihres heutigen Benehmens wenig plausibel erscheint, so sollte man keinesfalls die Folge der dauernden Sonneneinstrahlung unterschätzen. Auf lange Sicht mag sie selbst einen kühlen Friesen nicht unbeeinflusst lassen.

Umm Kalthoum - Die Arabische Nachtigall
Dodo von Mauritius

Amelung ist ein uralter friesischer Name, der von der Wortwurzel Amal (Tatkraft, Energie) abgeleitet wird. Sie schafft die Verbindung zu den Amalern, einem alten gotischen Königsgeschlecht, dessen berühmtester Spross Theoderich der Große war. Geht die Bezeichnung der berüchtigten Amal-Milizen im Libanon vielleicht auf ihn zurück? Und wie sieht es mit Dodo aus? Existierte evtl. eine friesische Kolonie auf Mauritius, welcher der berühmte ‚Dodo von Mauritius‘ seinen Namen verdankt? Leider ist dieser zugegebenermaßen nicht besonders intelligente flugunfähige Vogel aus der Familie der Dronten heute ausgestorben. Angeblich infolge seiner Dummheit. Im Englischen steht das Wort Dodo u. a. für einen Trottel, aber die Ostfriesen lassen sich durch diesen Rufmord nicht davon abbringen, ihre Söhne auch weiterhin so zu nennen – er ist keinesfalls ‚Dead as a Dodo‘!

Die Namen Omko, Omme, Ommo enthalten alle die gleiche Wurzel: OM, die heilige Silbe der Inder (om mani padme hum = (Du) Juwel in der Lotusblüte)! Die Ostfriesen als Philosophen und Religionsstifter? Das kann nur Ignoranten überraschen! Die Verwandtschaft zwischen den indischen (zuvörderst dem Sanskrit) und den germanischen Sprachen ist ja schon seit Jahrhunderten bekannt. Die heiligen Schriften der alten Inder heißen Veda (oder: Weda) – was steckt dahinter? Natürlich unser Wort ‚wissen‘, das im Plattdeutschen weeten heißt, wenn es auch überwiegend in der Negativform auftritt (‚Dat weet ick nich!‘). Die entsprechenden Formen im Griechischen und Lateinischen lauten vida bzw. video – alle sind abgeleitet aus der Wortwurzel widan. Geht möglicherweise Buddhas Ausspruch ‚Wer weiß, redet nicht – wer redet, weiß nicht‘ auf die schon sprichwörtliche Maulfaulheit der Ostfriesen zurück? Fragen über Fragen …

OM - Die heilige Silbe der Inder!
Prof. Marron Curtis Fort, DER Experte f. Saterfriesisch

Die friesischen Frauen blieben naturgemäß eher daheim, um den Nachwuchs aufzuziehen. Daher sind hier die Beispiele weniger zahlreich; aber immerhin trägt ein ganzes altes südameri-kanisches Volk einen friesischen Frauennamen: Inka! Ein Stamm der in unserer ehemaligen Kolonie Ruanda-Urundi siedelnden Tutsi gab sich den in unserer Heimat nicht seltenen Namen Hima. Aber damit hat es sich dann auch schon …

Wenn mir selbst auch niemals ein Träger eines solchen super-exotischen Namens unterkam, so waren doch die Kinder meines Lehrers Tammo Ricklefs (Wubbo, Enno, Onno, Maike, Wiebke und Frauke) schon komisch genug. Aber das waren beileibe nicht alle. Persönlich bekannt waren/sind mir darüber hinaus die Träger folgender Namen (Auswahl): Die Männer Fokko, Siebo, Siebelt und Ihbe sowie die Frauen Gesine und Fenna. Erfreulicherweise ist die O.-Connection keine Einbahnstraße geblieben: Der führende Experte für Saterfriesisch ist ein – Schwarzer (siehe Foto)! Die Ostfriesen galten als ziemlich beschränkt, angeblich hatten sie alle ‚ein büschen Matsch am Paddel‘. So berichtete meine Gespielin Maria, deren Vater in W’haven ein Textilkaufhaus besaß, dass in den Taschen der von Bauern gern gekauften Mäntel immer ein Zwanzigmarkschein deponiert wurde. Die Döspaddel freuten sich über den unverhofften Reichtum, sagten natürlich kein Wort und kauften das Teil. In ihrer Freude entging ihnen ganz, dass der dort gefundene Geldschein natürlich schon in den Preis einkalkuliert war.

 

Die Ostfriesenwitze sind Legion und haben unsere Heimat über Deutschland hinaus bekannt gemacht. Selbst im Computer-zeitalter wurden sie noch erzählt: „Warum stehen die Ostfriesen mit dem Rücken zum Computer?“ – „Die wollen den Kot eingeben!“ Hahaha, dreimal kurz gelacht! Sollte man nicht einmal in Betracht ziehen, dass die Zahl der Touristen, die O. besuchten, nach dem Aufkommen der Witzwelle gewaltig zugenommen hat? Solche Deppen darf man sich einfach nicht entgehen lassen! Touristen aus Castrop-Rauxel entrichten für die Teilnahme an der ‚Ostfriesen-Olympiade‘ (u. a. Teebeutel-weitwurf und Torfstechen) fünf Mark Gebühr und nehmen stolz eine Urkunde entgegen! Da kann man sich der Frage nicht erwehren, wer denn nun hier eigentlich der Depp ist. Bei wem feiern Otto und Karl Dall die größten Erfolge? Etwa bei ihren ostfriesischen Landsleuten? No way! 

Der gelegentlich als Reiseleiter in Ostasien tätige Chronist profitiert noch heute von dem legendären Ruf der Ostfriesen. Wenn er sich seinen Gästen vorstellt, weist er sofort auf seine ostfriesischen Wurzeln hin – das sichert ihm eine gewisse Narrenfreiheit und garantiert erhöhte Rücksichtnahme seitens der Reisegruppe! Kurz, es war gar nicht alles schlecht in O.! Zum Beispiel Essen und Trinken: Wie gut schmeckte der Grönkohl mit Pinkelwurst!! Und erst mal der aufgewärmte Grönkohl mit Pinkelwurst! Und der aufgewärmte Aufgewärmte! Und Labskaus! Nee, doch nicht! Und Granat!! Und Stutenkerle! Oder Dornkaat! Dem Tee ist ja im Rahmen dieses Werkes sogar ein eigenes Kapitel gewidmet! Und schließlich Sienbohnsopp! Letzterer verdanke ich den einzigen Vollrausch meines Lebens – und das im zarten Alter von sechs Jahren!

Als ich in meiner Berliner Zeit den (natürlich von einem Ostfriesen gedrehten) Film Schnaps im Wasserkessel sah, fühlte ich tiefen Stolz auf die Heimat. Diese Leute waren doch wirklich coole Typen, die ihrem ärmlichen Leben erstaunlich viel Spaß abgewinnen konnten – fast schon so eine Art Burmesen von Deutschland. Vielleicht hat mich das bewogen, mich als reifer Mann dort niederzulassen, wo mich so vieles an meine Jugend erinnerte … Im Gedächtnis verhaftet bleibt mir eine Oma von der oben beschriebenen Sorte, die im Schaukelstuhl am Fenster saß. Der Regisseur fragte sie: „Spielen Sie mal auf der Mundharmonika für uns?“ – „Wat schall ick dann speel’n? ‚In Ostfreesland is ‚t am besten?’“ – „Jo!“ war die Antwort. „Mok wi!“ sagte die Alte. Dann passierte drei Minuten gar nichts, sie saß nur da und schaute aus dem Fenster. Irritiert fragte der Mann: „Wollten Sie nicht für uns spielen?“ – „Jo!“, antwortete die Frau, setzte die Hohner-Mundharmonika an ihre welken Lippen und blies die ostfriesische Hymne. Als ich meiner Großtante Gretel von dem Film erzählte, rief sie ganz begeistert: „Schnaps im Wasserkessel – das haben wir auch immer gemacht!“.

Ein Film von Hans-Erich Viet von 1991
Jever - muss natürlich vorne stehen

In einem Berliner Off-Kino überkamen mich fast Tränen der Rührung angesichts der Reklame von Flensburger Pilsener: Ein fetter Amerikaner in karierten Golfhosen kommt in eine Kneipe (allerdings in Nordfriesland, aber das spielt ja hier keine Rolle…), begrüßt lautstark alle Anwesenden und ruft in den Saal: „Ich geb’ einen aus!“ – Schweigen! Vertraulich sucht er das Gespräch mit einem alten Bauern: „Was bist du von Beruf?“ – „Bin Bauer“ ist die Antwort. „What, du bist Farmer? Ich bin auch Farmer!’ sagt der Ami und haut dem Friesen auf die Schulter, um dann fortzufahren: „Wie groß ist deine Farm?“ – „20 Hektar!“, lautet die knappe Antwort. Der Ami bricht in wieherndes Gelächter aus: „20 Hektar? Weißt du, wie groß meine Farm ist?“ – „Nee!“ sagt der Alte. „Du, wenn ich morgens mit meinem Auto um die Farm rumfahre, bin ich erst abends wieder zu Hause!“ – „Du, so’n Auto hatt’ ich auch mal!“ ist die trockene Antwort …

Flens - kann man notfalls auch trinken