Kreuzberger Hinterhofgeschichten (1)

Berliner Jungens die sind richtig,

Berliner Jung’s sind auf dem Kien.            

Mit einem Sechser in der Tasche                       

da sag’n se kess, wat kost’ Berlin?‘

Berliner Jungens, Schöneberger Sängerknaben

Ja, so stellte man sich die Berliner vor. Und genau so waren sie auch – erstaunlicherweise! Zum Bild, das sich Zugereiste von ihnen machen, hat Heinrich Zille nicht unwesentlich beigetragen. In seinen Zeichnungen, die das Berlin der Jahrhundertwende (ich meine vom 19. zum 20.!) dokumentieren, wimmelt es von rotznasigen frechen Kindern, armen Leuten und Huren, die ihre Sprüche raushauen. Die Selbstverständlichkeit, mit der sie das tun, verblüfft jeden Nichtberliner. Und wenn Zugereiste vielleicht auch im Laufe der Zeit den Dialekt annehmen. Diese Schlagfertigkeit kann man nicht lernen – die haben nur die Eingeborenen!

Meine erste eigene Wohnung hatte ich in der Dresdener Straße Nr. 16 in Berlin am Kottbusser Tor. Hinterhof, Seitenflügel rechts, 3. Stock, eineinhalb Zimmer, 35 qm, Miete 51.69 monatlich. Zwei Toiletten auf dem Dachboden, zwei im Keller. Letztere permanent von der Witte-Kommune (s. u.) blockiert. Meine Nachbarn dort waren ein bunt gemischter Haufen. Die Hauswartsfrau Jahnke stand den ersten ‚Hippies‘ in ‚ihrem’ Haus anfangs misstrauisch gegenüber, bis sie merkte, dass wir eigentlich ganz o. k. waren. Sie vertraute uns an, dass sie ausziehen würde, wenn der erste Türke ins Vorderhaus zöge. Was übrigens nicht lange dauerte.

In ‚meinem‘ Seitenflügel wohnte (Hochparterre rechts) besagte Frau Witte mit ihren (angeblich) acht Kindern und zwei (schwächlich aussehenden) Männern. Dagegen war Zilles Milljöh ein Scheißdreck! Direkt darüber lebte Herr Franke, ein verwitweter Rentner mit seiner etwa gleichaltrigen Freundin. Die beiden Parteien lebten im Dauerstreit, denn die Witte-Bande machte Tag und Nacht Krach. Irgendwann wurde es Franke wieder zu bunt. Er ging runter und hämmerte er mit der Faust an Wittes Tür. Der gerade anwesende der beiden Männer machte nicht auf und so beschimpften sie sich durch die geschlossene Tür. Irgendwann forderte Franke den anderen auf, mit ihm auf den Hof zu kommen. Der Schwächling lehnte ab mit dem Argument: „Binn doch keen Mumienschända!“. Da ging Franke auf den Hof, stellte sich vor Wittes Fenster und rief: „Eierkopp! Eierkopp! Eierkopp!“. Der Feigling kam ans Fenster und beschimpfte den Kontrahenten, von der Lebensgefährtin tatkräftig unterstützt: „Schlappschwanz! Schlappschwanz!!“ –„Watt sachst du da?“ pöbelte der zurück: „Ick zieh’ ihn härter wieder raus, wie du ihn rein steckst, du Flachwichser!“.

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