Labskaus - in Berlin auch als Moppelkotze bekannt...


Essen & Trinken

Das Grauen hat einen Namen: Steckrüben

Ich bin ein ’schlechter Esser‘ wie meine Mutter immer sagte. Die Gründe dafür liegen in der Jugend. Ich denke nicht, dass meine Mutter eine schlechte Köchin war. Nur kochte sie mit Vorliebe Speisen, die ich nicht mochte. Angeblich sehr nahrhaft und gesund. Spinat – Eisengehalt höher als ein rostiger Nagel! Graupensuppe, total bitterer Rosenkohl oder gar Porree und ähnliches verhasstes Zeug! Labskaus – da schüttelt es mich noch heute! Dabei wäre es für sie doch sehr einfach gewesen, immer schmackhafte Kost auf den Tisch zu bringen: Eierpfannkuchen, Kartoffelpuffer, Frikadellen, grüne Heringe und Buchstabensuppe hätten völlig ausgereicht, auch Milchreis mit Zucker und Zimt wäre o. k. gewesen. Das Schlimmste von allem waren Steckrüben auch als ‚Oldenburger Ananas‘ bekannt. Noch als reifer Mann habe ich jenen Nachmittag am Küchentisch nicht vergessen, als ich meinen Steckrübeneintopf nicht aufessen wollte. Oder besser: beim besten Willen nicht runterbrachte. Selbst die Aufmunterung des Vaters: „Iss Junge, damit du groß und stark wirst, klein und niederträchtig bist du ja schon!“ vermochte das Zeug nicht runterzubringen. „Du stehst hier nicht früher auf, als bis du aufgegessen hast!“ drohte die Mutter. Nachdem die Pampe durch mehrmaliges Nachwürzen mit Salz und Zucker sowie diverse Aufwärmvorgänge völlig ungenießbar geworden war, hatte sie endlich ein Einsehen. Mit einem bitteren: „Du solltest dich was schämen, wie froh wäre ich im Krieg gewesen, so einen leckeren Eintopf zu bekommen!“ räumte sie endlich ab.

Hatte sie gar nicht bemerkt, dass der Krieg bereits seit 15 Jahren vorbei war? Allerdings habe ich ein Lieblingsgericht: Grünkohl mit Pinkelwurst. Leider in Myanmar nicht zu bekommen. Daher esse ich es – mit etwas Glück – einmal im Jahr. Nachtrag: 40 Jahre nachdem ich zum letzten Mal Graupensuppe essen musste, gab es ein Wiedersehen – und zwar im Iran. Und jetzt kommt’s: Von dem ganzen Fraß da unten schmeckte die Graupensuppe noch am besten! Mein Favorit waren Nachspeisen (vor allem Obst) und Süßigkeiten (wie z. B. Chocolate Mousse). Noch in fortgeschrittenem Alter schlickere ich gern, am liebste Gummibärchen, Schokolade und Lakritze. Mein Zahnarzt freut sich: Immer gutes Geld mit Kronen, Brücken und neuerdings Implantaten verdient! Allerdings esse ich WENIG! So wenig, dass sich meine Frau, die etwa halb so viel wiegt wie ich und doppelt soviel isst, wundert, dass ich noch nicht verhungert bin. Aber offenbar reicht es ja. Essen ist für mich kein Vergnügen, sondern eine Notwendigkeit. Brennstoffaufnahme. Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich lange nichts gegessen haben. Ein angenehmer Nebeneffekt dieser sparsamen Ernährung ist die Tatsache, dass ich immer noch so viel wiege wie mit 20. Falls mein Gewicht nach einer ‚Fressorgie‘ doch mal das Limit überschreitet, halbiere ich meine Nahrungsaufnahme, bis ich wieder im Limit bin. So einfach ist das. Und ich habe kein Problem mit den üblichen altersbedingten Krankheiten wie Diabetes und Bluthochdruck.