Deserteure

... Wehrdienst bei der APO leisten

Eine andere Demo diente der Unterstützung von Bundeswehrsoldaten. Die hatten sich heimlich nach Westberlin abgesetzt und dort Asyl beantragt. Das bedeutete Fahnenflucht! Nachdem ihr Asylgesuch wider Erwarten abgelehnt worden war, tauchten sie ab. Unser Freund Heinz jobbte z. B. schwarz bei dem Verlagsbuchhändler Boye Kuhlmann, einem zuverlässigen Mitglied der linken Szene. Wir hatten ihm einen Unterschlupf bei einer schon etwas älteren Genossin besorgt – freie Unterkunft und Verpflegung für regelmäßige Sexfron! Jedoch immer noch besser als der Bund! Irgendwann stellte die Regierung der BRD ein Amtshilfeersuchen an die Westalliierten. Die forderten die Polizei auf, die Deserteure einzufangen. So sehr auch unsere linken Anwälte sich mühten – die armen Schweine mussten wieder zurück und sind wahrscheinlich gleich erschossen worden. Die VoltaireFlugschrift Big Lift beschrieb die skandalösen Vorfälle im Detail. …

Ich selbst hatte es schlauer angestellt: Ich wurde zwar gemustert (Ersatzreserve II) und hatte auch einen Wehrpass. Da ich aber in der Lehre war, konnte ich nicht eingezogen werden. Noch während der Lehrzeit zog ich nach Berlin. Meinen Wehrpass schickte ich an einen zuverlässigen Genossen in Wilhelmshaven, der ihn an das Kreiswehrersatzamt Oldenburg weiterleitete … Man wusste ja nicht, ob das Amt bei Post aus Berlin routinemäßig die Annahme verweigerte. Danach hörte ich nie wieder etwas vom Bund. Gedient habe ich trotzdem – und zwar dem Volke! Auf dem ‚APO-Truppenübungsplatz‘ KuDamm in Berlin leistete ich meinen Dienst an der Waffe (Pflastersteine und Eisenstangen) und kämpfte gegen das System.