Meine Diplomarbeit

Der Titel lautet Die Entwicklung des Tourismus in Nilaveli (Sri Lanka) und seine ökonomischen und soziokulturellen Auswirkungen, untersucht auf lokaler Ebene

Eingereicht beim Fachbereich 24 (Geographie) der Freien Universität Berlin im April 1986, Betreuer: Prof. Bader

Zusammenfassung: Schon bei meinem ersten Aufenthalt am kilometerlangen Sandstrand von Nilaveli im Jahre 1977 stellte ich fest, dass die rapide Entwicklung des Tourismus in diesem Ort zu Konflikten führte. Diese entstanden einerseits zwischen der neu angesiedelten Tourismusindustrie und der eingesessenen Bevölkerung, andererseits innerhalb der lokalen Bevölkerung selbst. Ab 1979 hielt ich mich für meine Forschungsarbeiten regelmäßig dort auf, meist mehrere Monate am Stück. Dort begegnete ich vielen schrägen Vögeln, von denen vor allem Dschungelboy mir im Gedächtnis geblieben ist …

 

Verdammt harte Arbeit!

Die touristische Entwicklung Sri Lankas begann an der überwiegend von der buddhistisch-singhalesischen Bevölkerungsmehrheit bewohnten Westküste der Insel. Die Strände von Negombo, Hikkaduwa, Bentota usw. waren und sind berühmt für ihre Schönheit. Hier werden Südseeträume wahr: Blaues Meer, weißer Strand und grüne Palmen! Hinzu kommt eine reiche Geschichte, die bis in die vorchristliche Zeit zurückreicht. Zahlreiche Bauwerk zeugen davon. Der Tourismus in Sri Lanka war typischerweise eine Kombination aus Kulturtourismus und Badeurlaub. Die meisten Touristen schauten sich zuerst das Land an und am Ende stand ein Badeurlaub.

Das Wetter auf der Insel wird vom Regime der Monsune bestimmt. Von Mai bis Oktober herrscht der Südwestmonsun (Sommermonsun). Während dieser Zeit ist ein Badeurlaub an der Westküste wegen hoher Niederschläge und stürmischer Winde fast unmöglich. Im Zentrum der Insel liegt ein Gebirge, dessen Gipfel bis zu 2.500 m hoch sind. Die dahinter liegende Ostküste liegt im Regenschatten dieser Gebirge. Daher herrscht dort während des Sommermonsuns gutes Wetter. Im Winter ist es umgekehrt: Nachdem der Sommermonsun vorbei ist, beherrscht der Nordostmonsun (Wintermonsun) das Klima. Während dieser Zeit (November bis März) regnet es an der Ostküste, während die Westküste schönes Wetter hat. Daher lag es nahe, dass sich die Hoteliers an der Westküste Gedanken darüber machten, wie sie die Flaute während des Sommermonsuns überbrücken sollten. Die Lösung lag nahe: Indem man den Tourismus an der Ostküste ankurbelt! So entstanden vor allem nördlich von Trincomalee zahlreiche Filialen der Westküstenhotels. Dadurch konnte die Belegschaft das ganze Jahr über beschäftigt werden und – noch wichtiger – auch während der Sommerflaute Geld verdient werden.

So weit, so gut. Doch dann kamen die Probleme: Die Ostküste wird überwiegend von Tamilen und Moslems bewohnt, Singhalesen waren dort eine eher unbedeutende Minderheit. Zwischen den hinduistischen Tamilen und den buddhistischen Singhalesen

gibt es seit Jahrhunderten Konflikte auf der Insel. Der Letzte, der Aufstand der Tamil Tigers, begann 1983 (während ich dort arbeitete) und endete 2009. Er forderte mehr als hunderttausend Tote. Zu den ethnischen Konflikten gesellten sich andere: Die Moderne in Form der Tourismuswirtschaft traf auf eine von Landwirtschaft und Fischerei geprägte traditionelle Gesellschaft. Es entstanden Konflikte betr. die Landnutzung und Fischereirechte. Hinzu kam, dass die lokale Bevölkerung nur wenig von der Tourismuswirtschaft profitierte, denn die Hotels brachten ihre eigenen, eingearbeiteten Fachkräfte mit. Für die Einheimischen blieben nur Hilfsarbeitertätigkeiten. Bei Streitigkeiten konnte sich die finanzkräftige Hotelindustrie stets auf die Unterstützung der Regierung verlassen.

Innerhalb der lokalen Bevölkerung fanden ebenfalls gravierende Umwälzungen statt. Einigen Einheimischen gelang es, sich ein Stück vom Kuchen zu sichern. So z. B. indem sie ihre Fischerboote an Touristen vermieteten. Ein paar Dörfler eröffneten kleine Pensionen, die hauptsächlich von Rucksacktouristen frequentiert wurden. Dadurch erzielten sie ein Einkommen, das weit über dem Durchschnitt der lokalen Bevölkerung lag. Die Hierarchie in den Dörfern wurde dadurch in Frage gestellt, was natürlich den Widerstand der bisher dominierenden Gruppen hervorrief. Denn Geld regiert auch in Sri Lanka die Welt. Mitte der 80er-Jahre traten all diese Probleme durch den Aufstand der Tamil Tigers in den Hintergrund. Der Tourismus an der Ostküste brach völlig zusammen, große Teile der Bevölkerung wurden vertrieben. Der Tsunami von 2004 zerstörte große Teile der touristischen Infrastruktur und erst seit kurzer Zeit läuft der Tourismus dort wieder sehr zögerlich an.

Meine Arbeit gibt einen guten Einblick in die Zeit kurz vor Ausbruch des Konfliktes zwischen den Tamil Tigers und der Regierung von Sri Lanka. Eine für mich sehr positive Nebenwirkung meiner Diplomarbeit lag darin, dass ich die tamilische Sprache erlernte bzw. es versuchte. Dadurch erweiterte sich mein Gesichtsfeld erheblich und ich erhielt ganz neue Einblicke in die asiatischen Gesellschaften und ihre Geschichte.