Kneipe in der Genossenschaftsstraße (an der Einmündung der Eisenbahnstraße). Die Ecke war für unsere Banter Verhältnisse recht belebt, denn neben der B. gab es dort noch den Konsum und auf der anderen Straßenseite die Drogerie Kunze sowie den Bäcker Klose. Der Erbauer des Hauses hatte offenbar – wie viele Deutsche damals – große Sympathie für den Freiheitskampf der Buren in Südafrika (1899-1902). Er benannte nicht nur die Kneipe nach ihnen – nein, zwei martialische Burenkrieger in Nischen schmückten die Hauswand (siehe Foto). Sie sollen vor Abriss des Hauses in Sicherheit gebracht worden sein. In den 50/60er-Jahren wurde die Kneipe von Otto Stöcker betrieben, dem Vater meines bebrillten Kumpels Henry, der eine gewaltige Wiking-Sammlung sein eigen nannte, um die ihn alle beneideten. Die B. war für mich die erste richtige Gastwirtschaft, die ich im Leben betrat. Der an Messingringen aufgehängte grüne Filzvorhang mit schwarzen Lederstreifen, durch den man eintrat (meist musste ich dort HB-Zigaretten für meinen Vater holen), war so schwer, dass es mir anfangs Mühe bereitete, ihn aufzubekommen. Drinnen herrschte ein Halbdunkel, in dem es nach Bier und Tabak roch. Am Tresen saßen auf hohen Stühlen die Banter Briten der Umgebung und tranken Jever Export. Nicht wenige Kinder holten dort für ihre Väter Bier in Krügen, da das billiger war, als es in der Kneipe zu trinken. Die Familie Weiss aus der Vareler Straße hatte sogar ein Spezialarrangement mit Herrn Stöcker getroffen: Sie durften sich das Leckbier abholen! Das verfütterten sie an die Schweine, die sie im Stall ihres Werfthauses hielten. Dafür mussten sie sich verpflichten, ihren gesamten Bierbedarf bei ihm zu decken. Mein leider früh verstorbener Freund Uwe Wilters vertraute mir bei einem Treffen an, dass er nie Jever Export trinke. Das sei für ihn ‚Schweinebier‘. Während die meisten bar bezahlen mussten, hatte Herr Stöcker für seine besonders vertrauenswürdigen Gäste einen Deckel, der zum Lohntütenball abgerechnet werden musste.