Heiraten in Myanmar

Unsere Hochzeitsfeier, 24. 10. 2015

Betr. des gesetzlichen Heiratsalters besteht Unklarheit. Ein mir bekannter Mitarbeiter einer Botschaft in Yangon hatte sich wegen einer Strafsache gegen einen Ausländer (Missbrauch von Minderjährigen) eingehend informiert. Und herausgefunden, dass burmesische Mädchen ab dem vollendeten 14. Lebensjahr heiraten können – das Einverständnis der Eltern vorausgesetzt! Das half dem betroffenen Ausländer wenig, da das Mädchen noch nicht 14 war. Er wurde zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Wenn ich das allerdings burmesischen Freunden erzähle, ernte ich nur ungläubiges Kopfschütteln: „14 Jahre? Das kann nicht sein! 18, mindestens!“. Immerhin können m. W. in Deutschland Mädchen ab 16 heiraten, ebenfalls mit Einverständnis der Eltern … Daher erscheint es mir nicht völlig abwegig, dass burmesische Mädchen mit 14 heiraten können. Generell scheint es so zu sein, dass auf dem Lande früher geheiratet wird als in den Städten. Die meisten Frauen und Männer, die ich kenne, haben in ihren späten Zwanzigern oder in ihren Dreißigern geheiratet.

 

Unser 'offizielles' Hochzeitsfoto

Die Eheschließung beruht meist auf Zuneigung. Zwar versuchen viele Eltern (oft erfolgreich), bei der Wahl des Ehepartners ein Wörtchen mitzureden, aber im Falle eines Falles ist die ‚Entführung’ (engl.: elopement, burm.: kho pye) der Braut nicht unüblich. Natürlich mit deren Einverständnis, nicht selten ist das ‚Entführungsopfer’ die treibende Kraft. Man versteckt sich einige Zeit bei Freunden oder vielleicht sogar im Wald. Und dann geben die Eltern in der Regel ihren Segen … Und sage keiner, das sei Schnee von gestern: Meine eigene Schwägerin tat das auch! Die traditionelle Eheschließung ist einfach und es gibt unterschiedliche Traditionen. So gelten in einigen Gegenden zwei Liebende als verheiratet, wenn sie dreimal zusammen Reis gegessen haben. Oder wenn ein Liebespaar zusammen wohnt. Meine beiden Schwägerinnen hielten es wie folgt: Die Nachbarn in sieben Häuser zur Linken und sieben Häuser zur Rechten wurden benachrichtigt, dass man jetzt verheiratet sei. Anschließend wurde eine Hochzeitsfeier gemacht und das war’s dann. Standesamtlich sind sie bis heute nicht getraut, obwohl sie schon Kinder haben.

Meine Frau und ich fanden erst im reifen Alter zueinander. Sie hatte schon zehn Jahre für mich gearbeitet, bevor es funkte. Dazu musste ich erst einmal schwer krank werden. Während dieser Zeit kümmerte sie sich rührend um mich. Und wie heißt es so schön? Aus dem Ei des Mitleids ist schon oft die Henne der Liebe gekrochen! 

So war es auch bei uns. Wir haben am 28. August 2015 standesamtlich auf dem Gericht im Stadtteil Insein (sprich wie Englisch insane = geisteskrank) geheiratet. Das ging wie folgt: Zuerst einmal musste ich bekunden, dass ich Buddhist bin. Denn in Myanmar muss neuerdings jeder, der eine/n Buddhist/in heiraten will, zum Buddhismus konvertieren. Der Grund dafür liegt darin, dass viele Frauen, die Moslems heirateten, genötigt wurden, zum Islam überzutreten. Verfassungsrechtlich garantierte Glaubensfreiheit hin oder her. Dem sollte so ein Riegel vorgeschoben werden. Dann dauerte es etwas, bis der Richter Zeit hatte. Während wir warteten, wurde eine Gruppe aneinander gefesselter Gefangener an uns vorbeigeführt und ich dachte bei mir: „Hochzeit in Insane und dazu eine Chain-Gang! Auf was lasse ich mich hier ein?“. Doch bevor ich meinen Entschluss überdenken konnte, gingen wir zum Richter, unterschrieben ein paar Dokumente und dann war es geschehen. Unsere Hochzeitsfeier fand erst zwei Monate später statt, denn im August ist noch Fastenzeit – und da sind sie verpönt.  Auf jeden Fall ist die burmesische Hochzeit recht formlos verglichen mit den bürokratischen Hürden, die in westlichen Ländern davor stehen. Was ja angesichts der dort geltenden Gesetze zum Thema Scheidung durchaus berechtigt ist. Letztere ist in der Regel nach meiner Erfahrung in Myanmar weniger kompliziert als in westlichen Ländern.